Sonntag, 6. September 2009

... und die Moral von der Geschicht'.

Irgendwie weiß man ja nie, ob man das Richtige tut - oft nichtmal hinterher. Ich weiß nicht, ob es sich wirklich so verhält, dass man am Ende seines Lebens alles nochmal sieht und 'bewerten' kann. Sollte dem so sein, empfände ich dies als höchst unbefriedigende Einrichtung, da man dann auch nichts mehr zu ändern vermag. Diesem Konzept den 'Rückschau' könnte man, so es nicht zur Qual werden soll, allein eine, den Stoikern entlehnte, emotionale Haltung entgegensetzen. Man müsste also in der Lage sein Geschehenes emotionslos und relativ wertfrei zu betrachten, quasi neutral.
Es nützte, ohne Frage, sicher dem eigenen Leben viel eher, nähme man öfter diese Position ein und ließe sich nicht zu sehr von Emotionen leiten. Aber hier liegt ein dunkles Tal zwischen normativer und deskriptiver Ethik. Ausnahmslos jedem Handeln liegen natürlich moralische Prinzipien zu Grunde, die, meiner Meinung nach, wohl eher im Bereich der speziellen Ethik anzusiedeln sind - und allgemeine Ethik funktioniert auch immer nur innerhalb der gesellschaftlichen Grenzen, die ich ihr stecke, aber das ist ein anderes Fass. Wo war ich? Ach ja: Kant. Kant und sein kategorischer Imperativ. An sich nichts Dramatisches, nur sehr kryptisch verpackt. Im Weitesten geht es ja lediglich darum stets nur so zu handeln, dass das eigene Handeln auch die Grundlage des Handelns der Anderen sein könnte. Eine nette Idee, durchaus löblich, so man sich vornimmt, so durchs Leben zu gehen. Nur impliziert eben jene Aufforderung auch, es gäbe soetwas wie 'ethische Gesetze', die unabhängig gesellschaftlicher Systeme funktionieren - eine übergeordnete, nicht subjektive, sondern objektive Ethik, die Grundlage allen Handelns sein könnte. Da sind wir nun also im Bereich der normativen Ethik und somit bei dem, was Grundlage meines Handelns sein sollte. Behauptete ich mir gelänge dies auch nur ansatzweise, müsste meine Nase spontan auf eine Mindestlänge von 6 Metern wachsen, denn das, was letztlich mein Handeln bestimmt, ist weitaus weniger ehrvoll. Auch wenn ich mich nicht direkt in jede aufkeimende Emotion werfe, und dadurch spontan und unreflektiert agiere, so nutze ich die Zeit der Reflektion doch oft nur, um den Sprungturm zum 5-Meter-Brett hinaufzusteigen und von dort, nun zwar mit Distanz, zeitlich, als auch emotional, auf dieses Gefühlsbecken zu blicken, dann aber dennoch beherzt hineinzuspringen. Oft durchschwimme ich das Ganze nur kurz und verlasse, triefnass und ärgerlich (nie ist Warmbadetag, wenn ich springe!) das Becken. Manchmal jedoch denke ich nach ein paar Zügen: "Ach, was soll's? Schwimm' ich halt nicht mehr." Und die aktive Entscheidung zur Passivität lässt mich untergehen in meiner eigenen, stinkenden, emotionalen Brühe. Glücklicher Weise stehen am Beckenrand einige Rettungsschwimmer, die mich dann gekonnt aus der Sicke ziehen. Aber: sollte ich mich immer auf diese Retter verlassen? Warum schaffe ich es nicht, einfach mal NICHT zu springen? Von Oben gucken, ok. Ich könnte es doch dabei belassen zu sagen: "...heute ist die Sicke grün. Ein anderes Mal vielleicht grau, schwarz oder braun." Ich finde es nicht unästhetisch, dass ich mich willentlich wissentlich solchen Emotionen hingebe - es gibt auch eine Ästhetik des 'Hässlichen'. Aber es ist so meilenweit entfernt von einem 'Richtigen' Handeln.
Ungeachtet der Tatsache, dass ich es als sehr müßig, wenn nicht als nahezu unmöglich empfinde, etwas wie ein allgemeingültiges, ethisches Prinzip oder Gesetz, wie auch immer man das nennen mag, zu formulieren. Immer wieder rutscht man, oder vielmehr ich, dabei in den Bereich der speziellen Ethik, wo es nicht um die eine, richtige Lösung geht, sondern um die angemessenere verschiedener Handlungsalternativen, die sich in ihrer Fehlerhaftigkeit an etwas orientieren, was man als Optimum bezeichnen könnte, also das, worum es hier die ganze Zeit geht, nämlich daran, wie ausnahmslos jeder handeln sollte.
Was wollte ich eigentlich sagen? ... hmm. Ich vermute es ging darum, dass ich, trotz Wissens um den kategorischen Imperativ, nicht in der Lage bin, ethisch korrekt zu handeln - und das wissentlich willentlich. So wird wohl aus selbstverschuldeter Unmündigkeit, eine Selbsterwählte.

Kopf hoch, Schultern runter, lächeln.

à bientôt
Ihre FrauJ

Samstag, 5. September 2009

Vergessen

Ich vergesse viel, wer mich kennt, weiß das. Wahrscheinlich ist die Summe dessen, was ich vergesse, größer als die Summe dessen, was ich erinnere. Ungnädiger Weise verhält es sich so, dass das, was ich vergesse, oft durchaus wichtig ist und das, was ich erinnere, viel besser geeignet wäre zu vergessen. Leider ist mein Vergessen einem, von mir nicht steuerbaren, Mechanismus unterworfen und versuche ich gezielt Dinge zu vergessen, fräsen sie sich nur immer formstabiler in mein Hirn.
Dinge, die ich problemlos vergesse sind wichtige Termine, Namen und Geburtstage ( ,die man durchaus auch unter 'wichtige Termine' hätte stellen können).
Dass ich meinen eigenen Geburtstag vergesse, empfinde ich alljährlich als angemessene Strafe und kosmischen Ausgleich für das Vergessen von Fremdgeburtstagen, wobei hier Fremdgeburtstage übersetzungsgleich mit Freundgeburtstagen sind.
Meine Mutter lernte bereits daraus und ruft mich mittlerweile immer einen Tag vor ihrem Geburtstag an, um mir mitzuteilen, dass sie am darauf folgenden Tag Geburtstag hat - was dieses Jahr zum ersten Mal nichts brachte, da ich erstmals erfolgreich, trotz mütterlicher Erinnerung, ihren Geburtstag vergaß. Doch sie war nachsichtig, danke.
Auch Freundin J. erhielt dieses Jahr erst gute 1,5 Monate später einen Geburtstagsgruß - auch sie sah es mir nach.
Bei einem so eben erhaltenen, unerwarteten Anruf gratulierte ich dem Anrufer B. gute vier Monate später - und er mir gute sieben Monate später #Ausgleich

Und da gibt es noch einen, der erst vor drei Tagen Geburtstag hatte, und den ich, schändlicher Weise, auch vergaß. Lieber P., alles Gute. Ich bin Dir noch einen Besuch schuldig, den ich gerne demnächst einlösen würde. Und ich danke Dir für Deine Geduld mit der chaotischen FrauJ.

Bitte Welt, ist jetzt alles wieder ein bisschen mehr in Ordnung?
Danke.

FrauJ

Mittwoch, 2. September 2009